Hier hatten bis ins 18. Jahrhundert u.a. herrschaftliche Grund- und Lehensrechte neben Nassau, die von Hundsbach, von Bolanden, von Hattstein, das St. Martin Stift Idstein, die von Reifenberg, von Stockheim, die Schütz von Holzhausen, von Roden, von Dalburg-Schönberg , die Mosbach von Lindenfels und die von der Leyen. Die erste urkundliche Erwähnung von Ketternschwalbach verdanken wir – wie so häufig bei geschichtlichen Dokumenten einem Streit. 1354 entschied Gottfried von Stockheim über die Ansprüche der Grafen Adolf und Johann von Nassau gegen Kuno von Falkenstein u.a. auch wegen des Brandes zu „Ketzirswalebach“. Um brennen zu können, muss Ketternschwalbach also schon einige Zeit bestanden haben, aber darüber gibt es keine gesicherten Unterlagen. Spekulieren kann man lediglich auf der Grundlage späterer Urkunden, denn 1475 wird Burgschwalbach als inferior Schwalbach (das untere Schwalbach) und Ketternschwalbach als superior Schwalbach (oberes Schwalbach) bezeichnet. Wird Burgschwalbach also schon vor 1354 erwähnt, dann dürfte auch Ketternschwalbach noch ein Stück älter sein. Dies alles sind aber Spekulationen. Auf der Grundlage der Mainzer Urkunde über den schon erwähnten Streit, der 1347 begonnen hatte, steht zweifelsfrei fest, dass der Ort 1350 schon bestanden haben muss und dass er zu dieser Zeit schon so groß war, dass seine Vernichtung durch die Falkensteiner für die Nassauer Grafen einen erheblichen Schaden darstellte. Nachhaltig war die Zerstörung jedoch nicht, denn schon 1364 bezog Wigand von Hundsbach, Burgmann zu Adolfseck, jährliche Fruchtgefälle als Idsteiner Lehen. Unbestritten war Ketternschwalbach schon damals Nassauisch. Über Vorbesitzer ist nichts bekannt. Was also hinter der Pfarrei Ketternschwalbach, 1423 erstmals überliefert, ursprünglich d.h. vor 1354 und noch früher gesteckt hat, lässt sich nicht sagen.

Ketzer oder Heilige

Vielleicht waren die Gründer oder früheren Eigentümer kleine Adlige, die für ihre Umgebung als „Ketzer“ galten, so dass hieraus der Name „Ketzirswalebach“ abgeleitet wurde. Denn auch über die Herkunft des Ortsnamens gibt es unter den Geschichtsforschern verschiedene Deutungen, die man reinen Gewissens und wissenschaftlich fundiert nicht abschließend entscheiden kann. Veröffentlichungen, auch aus den letzten Jahrzehnten, sprechen einmal von der Ableitung von Ketzer, zum anderen von Katharina, also Kätchen oder Kett und nehmen an, dass die ursprüngliche Kirche der Heiligen Katharina gewidmet war. Eine Katharinenkirche wird aber in keinem Dokument erwähnt, vielmehr im Jahre 1483 eine Paulinuskirche. Zu diesem Zeitpunkt müssen Um- oder Ausbauarbeiten vorgenommen worden sein, denn bei den Urkunden handelt es sich um Quittungen des „Pfarrers und Baumeisters zu St. Paulini in Oberswalbach“ über 30 Gulden, die vom Graf von Nassau-Idstein entrichtet worden waren. Unverändert dürften die Grundmauern des Kirchturms noch von der ursprünglichen Kirche bis zum heutigen Tage erhalten sein. Seit der Reformation erlosch die Eigenpfarrei, und Ketternschwalbach wurde zur Filiale von Bechtheim. Über lange Zeit gab es in Ketternschwalbach aber die Betreuung durch einen eigenen Vikar, der im Jahre 1771 in das Häuschen des Caspar Roth in Ketternschwalbach zog. Der damalige Schultheiß, Johann Philipp Ruppert, wünschte aber zuvor ein Gutachten, das vom Zimmermeister Johann David Link und dem Maurermeister Schweighöfer am 3. Juni 1771 erstellt wurde und folgenden Wortlaut hat:

„Sind wir beide unterschriebene Meister auf Befehl des Hochfürstlichen Oberamts zu Ketternschwalbach gewesen und des Kaspar Roths Stallung, allwo auf dem zweiten Stockwerk eine Wohnung gewesen, ist das Feuerwerk in Augenschein genommen, befindet sich also, daß der Schornstein im Dach 11 Schuh hoch ist; 2. hat der Nachbar hinter dieser Wohnung vor drei Jahren eine Scheuer neu erbauet, nebst einem Stall, und ist also das Wohnbäugen, Scheuer und Stall, alle Dächer mit Stroh bedecket, und ist zwar vom Schornstein bis auf das Scheuerdach höher als der Schorn Schweinestall ist etwas weiter und an ungefähr 16 Schuh ausmachen, so die Funken dahin hätten. Es halten diesem nach die Experten davor, daß weil die Gebäude nicht mit Ziegeln bedeckt, sondern mit Stroh ohne Feuersgefahr den Stall nicht bewohnt werden könne“.
Bis 1773 bewohnte Vikar Crecelius das Häuschen, wurde dann aber wegen besorglicher Feuersgefahr gekündigt und zog in’s Pfarrhaus nach Bechtheim. Eine eigene Schule besitzt Ketternschwalbach seit 1688, als Lehrer wurde damals Martin Börner aus Altenburg in Sachsen genannt. Das heutige alte Schulhaus, jetzt in Privathand, wurde 1824 gebaut. Dass Kirche und Schule schon zu so einem frühen Zeitpunkt bestanden, lag auch an der Größe der Ansiedlung. Die Liste der Haushaltungen in Ketternschwalbach im Jahre 1566 ist schon recht umfangreich:

Peter Höler – 1 Pferd
Claus Höler – 1 Pferd
Stell Adam der Khuhirdt
Adam Klomp – 1 Pferd
Peter Patz
Meschen Thomas – 1 Pferd
Weyhell Höler ein Schepffen und Steinsetzer – 2 Pferde
Adam Schumacher – 1 Pferd
Philips Wirth ein Schöpffen ein Steinsetzer – 2 Pferde
Henn Johann – 1 Pferd
Leonhardt ein Schneider
Lembß Henchgin ein Schepffen Steinsetzer – 1 Pferd
Mebß ein Leinwöbber
Pauls Jeckell – 1 Pferd

Johanns Thomas – 1 Pferd
Jacob Gingk
Claus Ginckh
Johann Klomp
Silius ein Scheffen – 1 Pferd
Johann Bender – 1 Pferd
Adam Rodt Hanns Plat – 1 Pferd
Philips Steingin – 1 Pferd
Pauls Schneider ein Schöpffen und Steinsetzer – 1 Pferd
Christ der Zimmermann Gawer Clas Stell – 1 Pferd
Cuntz Kesseler
Theyß Leinwöbber
Greth Rott – 1 Pferd
Paulus Burgk Schneider
Eylen Henn – 2 Pferde
Adam Hilgin – 1 Pferd

Summa: 33 Familien, 23 Pferde.

Zum Ende des 30jährigen Krieges im Jahre 1648 hatte sich dann die Zahl der in Ketternschwalbach lebenden Familien dramatisch verringert. Mit Johannes Sprenger (Schultheis), Clos Würth, Best Roth, Enders Braun, Friederich Müller, Hans Wiederwachs und Johannes Wörners Wittib, waren nur noch wenige Familien hier beheimatet. 1681 waren es dann aber bereits wieder 14 Familien, und um 1780 hatten wieder 41 Familien Haus und Grundbesitz im Dorfe.

Mühlen in Ketternschwalbach

Interessant ist auch die Geschichte der Ketternschwalbacher Mühlen. Im Jahre 1653 wird eine „Peter Heime-Mühle“ in Ketternschwalbach genannt. 1693 erhält ein Hans Heinrich Kräußel die Genehmigung zur Errichtung einer Mühle an einem anderen Ort. Beide Mühlen müssen allerdings unterhalb Ketternschwalbachs in Richtung Panrod gelegen haben. Da es über die „Peter Heime-Mühle“ keine weiteren Zeugnisse gibt, dürfte sie relativ rasch nach ihrer urkundlichen Erwähnung verschwunden sein. Der Betrieb der neuen Mühle aus dem Jahre 1693 lässt sich dann aber über die Zeit verfolgen. So wurde sie zwischen 1697 und 1720 von Hans Georg Ohlemacher betrieben. Danach von Johann Peter Müller, der allerdings Klage darüber führt, dass er die Mühle nur im Frühjahr und Herbst betreiben könne, weil der Bach wenig Wasser führe. Dabei war die Mühle eigentlich immer eine Privatmühle mit Mahlrecht in Ketternschwalbach. Die daraus noch zu zahlenden Abgaben fielen gering aus, da die Erträge wohl sehr schlecht waren. 1782 übernahm Johann Konrad Ganz die Mühle, die 1823 abbrannte. Ein Wiederaufbau war aus finanziellen Gründen nicht möglich und Ganz erwarb die alte Schule mit einem Schweinestall für 520 Gulden. Dieses Haus, das neben der Kirche vor dem damals neuen Schulhaus stand, wurde dann vom Sohn Johann Philipp Ganz für nur 150 Gulden an die Gemeinde verkauft, und er errichtete in unmittelbarer Nachbarschaft ein Haus, das noch heute den Nachkommen gehört. So gehört Ketternschwalbach zu den Hünstetter Ortsteilen mit einer eher ungebrochenen Geschichte. Auch in neuer Zeit gibt es keine umfangreichen Neubaugebiete, Neubürger finden sich leichter in den alten Hofreiten, wo sie für die letzte Generation der alteingesessenen Familien nachgerückt sind, die am Ortsrand in Aussiedlerhöfen oder in schmucken Neubauten wohnen – dies führt zu einem lebendigen Miteinander aller Ketternschwalbacher.